Ich bin ein großer Fan der Bernie Günther-Reihe des britischen Autors Philip Kerr. Kerr ist leider viel zu früh, erst 62-jährig, im vergangenen Jahr verstorben ist.
Kerr, obwohl Brite, schafft es in seinen Günther-Büchern auf unnachahmliche Weise, die Atmosphäre Weimar-Deutschlands und des Dritten Reiches in Worten zu vermitteln. Ortsbeschreibungen aus dem Berlin der Zwischenkriegszeit, deutsche Einschübe (im englischen Original), zeittypischer „Slang“, Charaktere und ihre Schicksale lassen diese seltsame Zeit lebendig werden.
Die Günther-Thriller sind recht hart, oft brutal, was teilweise den Zeiten in denen sie spielen geschuldet ist. Kerr hat jedoch auch Kinderbücher geschrieben. Friedrich der Große Detektiv ist eines davon. Auch der Friedrich spielt in den im Berlin der Zwischenkriegsjahre.
Für Fans von Emil ein herrliches Lesevergnügen
Der Titel und auch das Buchcover erinnern unverholen an Emil und die Detektive. Das ist Absicht und keineswegs eine billige Masche. Der Klappentext faßt das Buch wunderbar zusammen:
«Emil und die Detektive» wäre auch dann Friedrichs Lieblingsbuch, wenn der Autor Erich Kästner nicht zufällig sein Nachbar und Freund wäre. Seit er es gelesen hat, träumt er davon, selbst Detektiv zu werden. Mit seinen Freunden Albert und Viktoria – die so klug ist, dass sie nur «Doktor» genannt wird – hilft er bereits der Berliner Polizei dabei, im Tiergarten verlorene Gegenstände aufzuspüren. Sein älterer Bruder Rolf dagegen schließt sich den Nazis an und beteiligt sich begeistert an der Bücherverbrennung 1933. Friedrich muss mit ansehen, wie dort auch Kästners Bücher verbrannt werden. Und bald darauf setzt die Polizei die Kinder sogar darauf an, den Schriftsteller auszuspionieren! Als dann auch noch ein Mord geschieht, wird Friedrich schlagartig klar, dass die Zeit der Detektivspiele für immer vorbei ist.
Ein spannendes Leseabenteuer von Bestsellerautor Philip Kerr – und eine Hommage an Erich Kästner.
Erich Kästner selbst spielt in dem Buch eine bedeutende Nebenrolle. Er ist Friedrichs Freund und schenkt ihm einen Detektivkoffer, stellt ihn interessanten Persönlichkeiten wie Billy Wilder, Walter Trier und Max Liebermann vor.
Er hilft Friedrich auch, mit seinen inneren Konflikten rund um die Fackelaufmärsche, Zwangsmitgliedschaft in der Hilterjugend und die anderen schlimmen Ereignisse dieser Zeit klar zu kommen. Sein Rat ist es auch, der Friedrich hilft sich in diesem harten Leben selbst treu zu bleiben.
Kurzum, Kästner ist für Friedrich ein männliches Vorbild, ein Türöffner und Ratgeber; das was man früher einen väterlichen Freund nannte.
Warum ich das Buch mag
Ich liebte Emil und die Detektive als Kind. Wie die meisten Jungs im Grundschulalter war ich natürlich auch ein Detektiv und ein Geheimagent nachdem die Cowboy- und Piraten-Phasen vorbei waren.
Friedrich ist wahrlich eine Hommage an Kästner und seinen Emil. Es taugt sogar zur inoffiziellen Fortsetzung. Es ist auch in sich eine spannende Geschichte mit einem Mord, der aufgeklärt werden will und einer lustigen Episode rund um eine verlorene Uhr. Sehr schön ist auch die sich entwickelnde Freundschaft zwischen dem Erwachsenen Kästner und dem jungen Gymnasiasten. Die Gedanken Friedrichs zu den sich radikal ändernden Zeiten sind ebenfalls sehr interessant nachzuvollziehen. Die Risse, die die Nationalsozialisten durch Familien, auch durch Friedrichs Familie, reißen machen nachdenklich.
Friedrich ist ein Buch, das in unsere heutigen Zeiten passt und Heranwachsenden Stoff zum Nachdenken gibt. Leider sind unsere Zeiten in manchem den Weimarer Zeiten schon sehr ähnlich, so zum Beispiel die zunehmende Popularität politischer Positionen am ganz rechten wie am ganz linken Rand des Spektrums.
Die Sprache ist leicht, für ein junges Publikum gut lesbar, dennoch auch für ältere unterhaltsam. Auch im Friedrich lebt das Berlin der Zwanziger und Dreißiger auf. Die Unbeschwertheit der Roaring Twenties weicht der Armut der Großen Depression und dem Terror der Machtergreifung.
«Eine kluge, packende Mischung aus Krimi und Zeitgeschichte» (GeoLino)
Ich würde das Buch definitiv meinen Kindern im richtigen Alter zu lesen geben. Am besten nachdem sie Emil gelesen, und hoffentlich gemocht, haben. Als Vater oder Mutter sollte man die Lektüre allerdings aktiv begleiten. Die Themen Trennung, Familienkonflikte, Tod und Trauer, Faschismus, Judenverfolgung und Krieg sollten mit den Kindern besprochen werden. Der Verlag empfiehlt das Buch für Kinder ab 11 Jahren.
Friedrich der Große Detektiv ist auf deutsch im Rowohlt Verlag (unter dem Rotfuchs Label) erschienen und kostet als Hardcover 14,99 €, als E-Book 12,99 €.